September 2013

Reisebericht der Gebrüder POWERONOFF – Spetember 2013 in Smolensk

Besuch zum 1150. Stadtjubiläum in Smolensk

19.09.2013 Reisetag der Vorhut

Bei strahlendem Sonnenschein fliegt der rot-weiße Jet gen Osten. Auf dem Bildschirm über den Sitzen ist Moskau schon angezeigt.

Aber bis wir in den Flieger durften, waren drei Passkontrollen angesagt. Das ist neu in Düsseldorf. Das Gate für den Abflug wird jetzt auch so oft geändert wie in Moskau-Domodjedowo, erst irgendwo bei Terminal B, dann C44 und letztlich C37. In kleinen Grüppchen stiefeln die überwiegend russischen Fluggäste durch den Tentakelarm des Terminals  in den Bauch des Flugzeugs.

Deutschland liegt von jetzt an zwei Wochen hinter uns – kein Wahlgetöse, keine bedrohlichen Nachrichten aus Syrien. Wir dürfen uns auf viele wahrscheinlich einmalige Kulturveranstaltungen in Smolensk freuen.

Riesiger Andrang bei der Passkontrolle in Moskau, Hunderte wollen zu den Kontrollhäuschen. Die Koffer sind schon da und im Nu vom Laufband gefischt. Es folgt ein langer Marsch durch die Flughafenhallen zum Aeroexpress. Aber wo sind die Kassen, um Karten für diesen Schnellzug zu kaufen. Eine gelangweilte Frau, die wir fragen, macht eine eher nachlässige Handbewegung in irgendeine Richtung. Auch ohne diesen komischen Hinweis finden wir endlich drei Kassen. Die Preise entsprechen denen des VRR bei uns – für russische  Verhältnisse ist der Preis sündhaft hoch – fast das Zehnfache wie vor sechs Jahren. Moskau ist in jeder Beziehung sündhaft teuer. Der Aeroexpress verspricht jedoch nicht, was der Name andeutet; er zuckelt mit wenig Express dahin. Am Pawelezkij-Bahnhof herrscht wegen der Baustelle und der vielen Menschen ein ziemliches Gewusel.

Die Moskauer sind in der U-Bahn, wie gewohnt, mit grimmigen Minen unterwegs.

Die nächste Sünde erleben wir beim Kauf der Fahrkarten nach Smolensk. Die Sitzplätze sind ausverkauft, doch es gibt noch ein paar Betten unter dem Wagondach zu kaufen – machen wir, ohne mit den Zähnen zu knirschen. Der Tee im Zug ist einsame Spitze und wird in schönen Gläsern serviert, die an den Zweiten Vaterländischen Krieg erinnern. Manches in der russischen Eisenbahn ändert sich, gottlob nie!

Zwischen Moskau und Berlin soll es ab 2015 eine ICE-Verbindung geben, behauptet ein Mitreisender. Na, da muss Herr Putin aber noch tief in die Schatulle greifen, um die maroden Schienen von Moskau bis Smolensk zu ersetzen. Von einer Flugverbindung zwischen Dortmund und Smolensk könnte man auch träumen und das wäre wahrscheinlich auch kostengünstiger.

Der erste Eindruck bei der Ankunft am Bahnhof in Smolensk: Es fährt keine Straßenbahn mehr dorthin und die Schienen sind von Teer bedeckt. Die neue Promenade am Njepr wird von vielen Laternen beleuchtet, doch die Brücke über den Fluss ist noch immer nicht fertig.

20.09.2013

Der erste Tag in Smolensk. Heute fliegt Hagens politische Prominenz nach Moskau/Smolensk – Oberbürgermeister Jörg Dehm, 1. Bürgermeister Dr. Hans-Dieter Fischer, Bürgermeisterin Brigitte Kramps sowie Peter Mook beehren Smolensk mit einem Kurzbesuch. Zwei Nächte, wohl ohne viel Schlaf, viele Termine und dann geht´s zurück zur Wahlparty nach Hagen. Mal sehen, wer dort etwas zu feiern hat oder todmüde in der Rathauslobby einschläft.

Es regnet, als wolle der Himmel Smolensk noch vor dem großen Fest eine Rundumwäsche verpassen. Einige renovierte Häuser haben noch keine Fallrohre an den neuen Dachrinnen – die Wassermassen rauschen wie ein Wasserfall auf die Sovjetskayastraße. Auf den Bürgersteigen dieser Straße werden neue Zäune zur Fahrbahn hin aufgebaut – undisziplinierte Fußgänger sollen vor noch undisziplinierteren Autofahrern bewahrt werden.

Die Smolensker Raiffeisenbank ist immer eine gute Adresse, um Euros in Rubelchen zu tauschen, aber auch um neue Kontakte zu knüpfen. Wir haben positive Nachrichten für Herrn Lehr in Hagen. Man kann sich gute Kontakte vorstellen mit der Spardabank in Hagen vorstellen.

Unbedingt ist mit einem Vorurteil aufzuräumen – es gibt sie, die ehrlichen Menschen in Russland. Im Café Samowar wurde ein verloren gegangenes Mobiltelefon gefunden und dem Verlierer zurückgegeben – riesige Freude!! Kurz darauf gab es einen Hinweis auf die Eröffnung des neuen Teneshowa-Kulturzentrums.

Ist ja nicht weit bis dorthin und schon stehe wir in einer einladenden Empfangshalle, in der sich zahlreiche frisch getraute Paare ablichten lassen. Inmitten von alldem prangt in einer strengbewachten Vitrine die Krone der Zaren Russlands, über und über mit Smolensker Diamanten besetzt. Extra aus Moskau zum Stadtjubiläum nach Smolensk verfrachtet – ein überwältigender Anblick.

In der tollen Veranstaltungshalle werden die Gebrüder POWERONOFF am 27.09.2013 um 19.30 Uhr auftreten. Der Direktor des neuen Kulturzentrums und sein PR-Mitarbeiter namens Sergej strotzen vor Tatkraft – das ist überzeugend und eine Demonstration wie sehr man sich für die Gäste einsetzt. Am liebsten würden sie die Gruppe noch in benachbarte Städte schleifen – ob die Gebrüder das schaffen? In der Halle ist eine sehenswerte Ausstellung der Smolensker Fotografen gestaltet worden – echte Fotokunst, wie diese, sieht man selten.

21.09.13

Trübes, regnerisches Wetter liegt über der Stadt, die heute so viel feiern möchte. Hoffentlich bleibt es trocken!

Die Stadtoberhäupter Hagens sind gut in Smolensk angekommen. Sie machen mit einer großen Gruppe, die aus Delegationen aus anderen Partnerstädten besteht, einen Rundgang durch die Innenstadt von Smolensk. Eine erste Visite wird dem Smolensker Puppentheater abgestattet. Ein Puppentheater wie es interessanter nicht sein kann.

Die Stadt ist hermetisch abgeschlossen. Überall gibt es Polizeikontrollen, Polizisten patrollieren durch die Stadt. Die Menschen sind trotzdem fröhlich. Auf dem Markt der Kunsthandwerker von Smolensk begegnen uns einzelne Personen aus Hagen. Herr Beyel und Frau Zölzer sind von ihrer bisherigen Reise sehr angetan.

22.09.13

Endlich scheint die Sonne!

Mit dem Kleinbus wird die Stadt durchquert. Alexej Dovgan stellt sein neues Atelier vor. Es ist hell, freundlich und die Atmosphäre in diesem Raum hat etwas besonderes, aber es ist nicht zu beschreiben. Die Auftritte von POWERONOFF werden vorbereitet – die Gebrüder sind gerade mit dem längsten „Nighttrain“ der Welt auf dem Wege nach Smolensk.

Die Übergabe der Bilder von Franz Nießen wird organisatorische geklärt, Übersetzungen müssen geschrieben werden, weitere Texte für die Gemäldegalerie und die Presse. Neben der Arbeit, wie immer, lecker gegessen!!

Am Abend gab es einen Empfang für die Hagener Delegation durch den Verein Smolensk-Hagen – gewohnt sehr üppig und mit einem Konzert einer Smolensker Gruppe. Die kommende Nacht wird kurz.

23.09.13

Um halb vier am Morgen klingelt das Telefon. „Wir warten schon mit dem Bus auf euch!“ ist die freundliche Aufforderung, schnell in die Hufen zu kommen. Die Stadt ist leer, kein Mensch ist auf den Beinen und kein Auto unterwegs. Am Bahnhof sind einige Menschen, aber sehr viele Taxen.

Der Zug aus Basel ist für Gleis vier angemeldet und fährt gemächlich ein. Die Gruppe ist im ersten Schlafwagen und steht schon auf dem Bahnsteig, als wir sie erreichen. Herzliche Begrüßung – endlich ist die lange Reise zu Ende. Wir stellen Oleg Krolikov vor und dann geht es mit dem schweren Gepäck über die Hochrücke mit den ausgewaschenen Treppen über die Geleise hinweg zum Bus und nach zehn Minuten sind wir am Hotel mit den acht Sternen auf dem Dach. Wolfgang wagt sich sehr tief in den Bauch des Busses, so dass ihm die schwere Klappe auf die Waden knallt. Hochachtung, dass die Wadeln diesen Schlag ausgehalten haben. Schlüssel geschnappt, Pässe abgegeben und ab in die Betten – und noch eine Mütze Schlaf bis 11 Uhr nehmen.

Kleiner Stadtrundgang mit Visiten bei Herrn Glinka, Herrn Twardovskij, Herrn Parfeonov, der Stadtmauer und der Kathedrale. Der erste Besuch dieses Gotteshauses ist für jeden Gast eindrucksvoll. Danach die vielbefahrene Sovjetskayastraße dort überquert, wo es nicht sein darf und überlebt. Noch ein kurzer Abstecher auf dem Weg in die Stadt. Die zweite Spielstätte (Kulturzentrum Teneshowa) übertrifft alle Erwartung der Band. Nastia Lebed, die Fernsehjournalistin, ist auch dort und erzählt, dass sie die Fernsehaufnahmen bereits geplant hat.

Die Stadt ist nach wie vor hermetisch abgeschlossen. Überall gibt es Polizeikontrollen, Polizisten patrollieren durch die Stadt, aber alles wird sehr locker gesehen. Die Menschen sind fröhlich. Auf dem Markt der Kunsthandwerker von Smolensk begegnen uns einzelne Personen aus Hagen. Herr Beyel und Frau Zölzer sind von ihrer bisherigen Reise sehr angetan.

Am Nachmittag streben Tausende zum Dnjeper, um die Eröffnung der Promenade zu erleben. Die Kunstflugstaffel der russischen Armee soll dabei im Tiefflug über Smolensk fliegen. Kurz bevor das große Ereignis beginnen soll, wird die Ankunft der Flugstaffel abgesagt – wegen des schlechten Wetters. Aber es ist doch nur bewölkt! Wenn die russische Luftwaffe nur bei gutem Wetter fliegen kann, scheint einiges im Argen zu sein.

Die Menschenmassen kommen uns enttäuscht aus Richtung Dnjeper entgegen. Als wir die Promenade erreichen, wird deutlich, dass nur etwa 150 Meter der Promenade und dann auch nur der obere Teil fertiggestellt sind. Im Übrigen ist es eine Baustelle, auf der noch immer ca. 20 usbekische „Facharbeiter“ werkeln. Bei dem Zustand dieser Baustelle – die Zugänge sind nicht fertig, die Treppen eine Katastrophe, unterer Teil ist noch Großbaustelle- hätte kein normaler Mensch zur Einweihung ein Sportflugzeug vorbei geschickt. Dieser Zustand ist für die Smolensker Bürger sehr bedauerlich, denn die Vorfreude auf das Ereignis war allen ins Gesicht geschrieben. Aber das wird auch gelassen übersehen.

Die Armada tausender Menschen stapft zurück in die Stadt und überflutet Cafe´s, Bar´s und Restaurant´s. Auf vielen Bühnen gibt es Musik und reichlich Unterhaltung.

Freunde kehren im Cafe „Seli-pojeli“ (deutsch „gesessen, gegessen“) ein. Man bestellt Bier der Marke „Sibirische Krone“, dazu Käse und Brot, andere bestellen Mate-Tee und Schokoladeneis. Das völlig überforderte Personal kommt nach ca. 5 Minuten und erklärt es gäbe keine „Sibirische Krone“ mehr, nur noch lebendiges Bier – das wird dann bestellt mit drei kleinen Vodka. Nach ca. 10 Minuten wird mitgeteilt, es gäbe auch keinen Mate-Tee mehr. Na, guuuuut, dann eben irgendeinen Tee. Als erstes kommt das Eis, aber es ist Vanilleeis und kein Schokoladeneis, auch guuut. Große Freude – es gibt lebendiges Bier –  trübes Hefeweizen. Und der Vodka kommt nach weiteren fünf Minuten mit dem Tee. Die Bier- und Vodkatrinker haben schon fast einen im Tee, aber der Käse und das Brot zum Bier lassen noch immer auf sich warten. Es wird gefeixt, wie und wann wohl Käse und Brot fabriziert werden, aber nach einer Stunde entschließt man sich zu zahlen. Jetzt kommen Käse und Brot, sozusagen als Picknick für den Weg – „Seli-Pojeli“ – „gesessen, nichts gegessen“.

Und wie das Leben so spielt – russische Freunde laden zum essen ein – alles Köstlichkeiten!!!!! Und die Jubiläumsfeier ist gerettet. Das Feuerwerk ziert den Himmel!

24.03.13

Es regnet noch immer – die Smolensker haben wirklich Pech mit dem Wetter. Doch unsere Stimmung ist ungetrübt.

Um 11 Uhr empfängt uns das neue Stadtoberhaupt von Smolensk, Herr Pawlow. Er wirkt etwas nervös, doch als Wolfgang die Gebrüder POWERONOFF vorstellt, löst sich die Spannung und es gibt ein humorvolles Gespräch, während dessen die Gruppe dem OB ein POWERONOFF-Hemd schenkt, das er zum Konzert tragen will. Wir sind gespannt, ob er es ernst meint. HWE stellt den Freundeskreis Hagen-Smolensk vor und die Gruppe mit ihren „Künstlernamen“. Natürlich überreicht auch der OB Gasgeschenke, die neugierig von Martin und Jens betrachtet werden.

Bericht in der Komsomolskaya Pravda

Nach einem kurzen Abstecher in den Russischen Hof geht es in die gegenüber liegende Gemäldegalerie. Zu unserem Erstaunen stehen Aleksej Dovgan und Lena Chmurowa an der Tür – Lena wird dolmetschen. Wir müssen die obligatorischen blauen Schühchen anziehen und über die wunderschöne gusseiserne Treppe hinauf in die dritte Etage steigen. Welch eine Freude, die vielen bekannten Gesichter zu sehen. Der Gitarrist und Komponist Prof. Victor Pawlushenko und acht weitere Gitarristinnen und Gitarristen erwarten uns. Und dazu noch die Sopranistin Olga Fedossenkova. Mit vielem hätten wir gerechnet, aber nicht mit so vielen lieben alten Freunden. Die Musiker liefern ein hinreißendes Konzert. Der Bassist Thilo ist so begeistert, dass er sich ein Gruppenfoto mit den Smolenskern wünscht – einmal mit richtigen Gitarristen auf einem Bild zu sein ist das Größte. Wird natürlich realisiert, und zwar mit allen Musikern zusammen.

Die Freunde zu treffen war überwältigend!!!

Für seine Filmaufnahmen brauchte Michael eine Stimmgabel – auch die war im Handumdrehen organisiert.

Jetzt noch lecker bei „Victoria“ essen und dann den freien Nachmittag gestalten.

17.30 Treffen mit dem Direktor des Tenesheva Kulturzentrums. Alle  Fragen sind geklärt – jetzt muss nur noch gespielt werden.

Am Abend haben wir den Direktor des A-Clubs und seine Frau kennengelernt.

25.09.13  – Der Tag des Sieges

Es ist kalt geworden in Smolensk. Die Band fährt schon in aller Frühe zum Bahnhof, um dort Filmaufnahmen zu machen. Auch auf der Stadtmauer und in einem von Feuer teilweise zerstörten Turm werden Filmaufnahmen gedreht.

Ab 10 Uhr schauen wir uns die Militärparade an – es leben noch einige Veteranen, die dieses Ereignis nun schon seit vielen Jahren mitgestalten dürfen. Sie sind über und über mit Orden behängt und für die jungen Menschen in der Tat Zeitzeugen aus einer anderen Welt – doch sie genießen großen Respekt, zumindest an diesem,  ihrem Tag.

Nach der Parade fliegt endlich die Kunstflugstaffel der russischen Luftwaffe über Smolensk.

Eine tolle Veranstaltung wird heute die nächste ablösen. Wir sind gespannt!

Nach dem Essen besuchen wir kurz das Festival der Blaskapellen am Tjorkinplatz – viele Veteraneninnen und Veteranen genießen dieses Konzert, das wahrscheinlich nur für sie veranstaltet wird.

Wir ziehen weiter, denn es sind noch Andenken für die daheim Gebliebenen zu kaufen.

Endlich etwas Zeit für jeden – Karin und Udo sind ein wenig erkrankt. Am Nachmittag geht es zum Eishockey. Der Minibus bringt uns in die eiskalte doch sehr moderne neue Eishalle.

Kalter Po ist garantiert, weil wir keine Sitzkissen finden. Aber dass Spiel der Smolensker Mannschaft erwärmt uns von der ersten bis zur letzten Minute – am Ende hat die Mannschaft den Gegner 15 : 0 deklassiert.

Nach dem Essen ging zurück zum Leninplatz, um dort später Ljube, den berühmtesten russischen Chosson-Sänger, zu hören. Und natürlich den Salut zu sehen – das Feuerwerk zum Abschluss des Abends.

Viele Menschen machen sich auf den Weg, um das Konzert zu sehen.

Das Konzert von Ljube war für die Smolensker der Höhepunkt aller Feierlichkeiten. Es war toll dabei zu sein.

Die Smolensker begeben sich auf den Heimweg:

Abschluss ein tolles Feuerwerk – gigantisch!!

26.09.2013

Endlich etwas Sonnenschein. Der Besuch an der Staatlichen Uni verschiebt sich um zwei Stunden. Also auf zu Filmaufnahmen in die Zentralbibliothek. Doch die Direktorin hat wenig Verständnis für unser Anliegen – werden wir eine andere Lösung finden. Oleg hat sie – es wird Filmaufnahmen in der Bibliothek eines Freundes geben.

Kurz entschlossen traben Arne, Jens, Martin und HWE die Sovjetskya hinunter zur Markthalle. Die tief stehende Sonne verhilft uns zu eindrucksvollen Fotos. Hinter der neuen Fußgängerbrücke erreichen wir die Markthalle. Viele unterschiedliche Düfte dringen in die Nasen – hier die schönen Rosen dort das bratfertige Fleisch. Das Fleischerhandwerk ist in der Halle kein Geheimnis, sondern es wird frei sichtbar ausgeführt. Schafe, Rinder und Schweine werden als Ganzes in die Halle getragen und hinter den Verkaufsständen von emsigen Metzgern zerlegt. Ein Anblick wie wir ihn in Deutschland nicht mehr erleben. Man sieht, dass die Waren sehr frisch sind.

„Würde man das in Deutschland auch so sehen, wäre der Fleischkonsum wahrscheinlich geringer.“ meint Arne. Fische, Käse, Süßigkeiten Gemüse, koreanische Spezialitäten …. stehen im Angebot, und zwar sehr appetitlich ausgestellt.

Es werden Smolensker Pralinen für die daheim Gebliebenen gekauft.

Am Hotel warten schon alle, denn wir haben den nächsten Termin – ein Gespräch mit Deutschstudentinnen an der Staatlichen Universität – sie liegt nur wenige Schritte vom Hotel entfernt. Prof.´in Dr. Larissa Njubina empfängt die Gruppe und nach einer kurzen Vorstellung der Delegation entwickelt sich ein lebhaftes Gespräch. Die jungen Damen wollen heute Abend alle zum Konzert kommen.

Die Zeit drängt, deshalb müssen wir geschwind zum Hotel und Bandequipment und weiter Utensilien in den Bus packen, denn nach dem Essen geht es sofort weiter zum „A_Club“.

In einer an Schlaglöchern reichen Straße, aber zugleich unscheinbaren Gasse, stehen wir vor ein schwarzen Tür. Ein winziges Schild verrät, dass hier der „A-Club“ ist. Und was das für ein Club ist: tolle große Bühne, irre technische Ausstattung, kleine Bar, im Obergeschossviele Sitzecken mit gutem Blick zur Bühne und noch etwas höher ein Restaurant mit Bar, netten Tischen und einer gemütlichen Ecke. Dort ist auch ein altes Klavier, auf dem Martin und Jens sofort spielen. Wolfgangs Resumee: „Geile Bude“.

Die Technik wird vervollständigt, es wird getestet und geprobt, auch die Moderation, die Aleksej Dowgan übernehmen wird.

Ein Durchlauf des Programms wird als Test gespielt. Als es an die russische Hymne gehen soll, steht Thilo plötzlich auf – sein Kreislauf macht Probleme. Er ist aber gut versorgt und wir hoffen, dass er zur Vorstellung weder fit ist. Wie sich später herausstellt hat es auch Aleksej erwischt – er ist ohne zu klagen plötzlich verschwunden.

Was ist nun mit dem Konzert?

Eine halbe Stunde vor dem Konzert ist Thilo wieder auf den Beinen und da steht plötzlich auch Aleksej – er hat sich zu Hause zwanzig Minuten in heißes Wasser gelegt, denn  er hatte auf der Bühne sehr gefroren. Die Ursache für das Maleur mit Thilo und Aklesej war ein offenes Fenster hinter der Bühne.

Den Verlauf des Konzerts beschreibe ich hier nicht, denn das was wir dort erlebt haben glaubt uns sowieso keiner. Nur so viel: Die Band war in superform – besonders Arne, das Publikum hat getrampelt, gejohlt, gepfiffen und gefeiert, selbst die haevy metal-Rocker waren nicht mehr zu halten, viele Fotografen, TV und eine Internetzeitung waren da. Volles Haus und die Stimmung einfach unbeschreiblich. 30 Minuten Zugaben!!!

Fotos vom Konzert vor Sergej Korobeshko:

Das Konzert in schwarz/weiß, so wie die Gebrüder POWERONOFF nun mal sind:

Es gibt eine große neue Fangemeinde für die Gebrüder POWERONOFF.

Mit Vassily und seiner Frau essen wir zu Abend und erst spät in der Nacht finden alle ihre Quartiere. Die Band braucht wohl noch etwas länger, um das Erlebte zu verarbeiten.

27.09.2013

Eine Premiere steht Heute an. Im Teneshewa-Kulturzentrum, dass vor drei Wochen eröffnet wurde, gestalten wir das allererste Konzert – auch die Mitarbeiter des Zentrums sind gespannt, denn man weiß nichts über die Akustik und die neue technische Einrichtung muss auch ihre Feuerprobe bestehen.

Sacha, der stellvertretende Direktor, erwartet und bereits. Das Personal im Zentrum und die Band gehen Konzentriert zu Werke und nach 90 Minuten ist schon alles gerichtet – Arne tauscht noch den Verstärker mit Martin und dann ist in der Tat alles perfekt. Wir sind von der Bühne und dem ganzen Amiente in diesem Zentrum angetan und zu unserer Freude hören wir, das JES im Oktober auch hier auftreten kann – genial!!!

Nach dem Mittagesen gehen die meisten einkaufen, denn die Lieben zu Hause sollen Andenken aus Smolensk bekommen. Oleg fährt mit Michael, Jens, Martin, Katja und HWE richtung Krasnibor ( das heißt schöner Wald). In unmittelbarer Nähe von Smolensk liegt dieses wunderschöne Waldgebiet. Michael macht Filmaufnahmen für die Band und Oleg und HWE besichtigen ein neues Sporthotel. Es ist ein sehr schön gelegenes Hotel mit Hallenbad und vielen weiteren Einrichtungen – völlig unüblich für die meisten anderen Hotels in Smolensk.

Zurueck in der Stadt haben wir noch etwas Zeit, um Kaffee oder Tee zu trinken – ganz nach dem eigenen Empfinden. Und dann geht es auch schon los im neuen Kulturzentrum von Smolensk. Der Soundcheck wird zu einen Klacks, weil alles perfekt gerichtet ist – hier hat man an nichts gespart – einfach toll!! Das Konzertkann beginnen und wie erhofft, stroemen die Zuschauer in Scharen in den Konzertsaal – zu unserer Freude sind es ueberwiegend junge Menschen und viele, die das Konzert gestern schon besucht haben. Es sind auch deutsche Besucher gekommen – junge Turnerinnen vom TSV Kabel.

Die jungen Turnerinnen aus Hagen bringen schon nach den ersten Toenen solch eine Stimmung mit, dass das restliche Publikum sofort mitmacht. Und die Band wuppt zurueck. Das Konzert uebertrifft noch einmal das gestrige – Zugabenum Zugaben werden gespielt. Ein tolles Zusammenspiel zwischen Band und Publikum und als die Band zum Schluss die russische Hynme spielt brechen alle Daemme – wie auf ein Komando springt das Publikum auf um singt mit. Das vergisst niemand mehr, der dieses Konzert miterleben durfte!!!

Film von REN-TV (Anastasi Lebed) zum Konzert. Bericht der Smolensker Zeitung; Fotogalerie in der Komsomolskaya Pravda; Bericht in der Smolensker Komsoloskaya PravdaKP Interview

Die gesamte Gruppe geniesst danach das spaete Abendessen mit einem Gast aus Moskau, der leider zu spaet zum Konzert gekommen ist.

Facebookseite der ‚Gebr. POWERONOFF, gestaltet von Thilo Heß

28.09.2012

Noch in der Nacht darf sich das Geburtstagskind Wolfgang im Hotel feiern lassen. Nach dem tollen Konzert muss das auch sein!!! Von hier aus herzliche Glückwünsche, kuriere Deine Wehwehchen und bleib uns noch lange erhalten.

Um halb fünf in der Frühe treffen wir uns alle wieder am Hotel, um die Band zu Bahnhof zu begleiten – das ist hier so Usus und eine schöne Sitte, denn so fühlt man sich von Anfang bis Ende der Reise gut aufgehoben!

Um 12.30 Uhr startet unser zweites Projekt in dieser Woche. Wir überreichen den Vertretern der Stadt, den Fachleuten von den Museen, aber in erster Linie den Buergern von Smolensk die Bilder von Franz Niessen, die uns dessen Familie überlassen hat. Die Smolensker Sachverständigen sind begeistert von diesen Aquarellen und Tuschzeichnungen. Der Feierstunde in der Gemäldegalerie wohnen viele Menschen bei – zwei Fernsehsender berichten und mehrere Zeitungen. Die Veranstaltung zieht sich länger hin als gedacht, weil es viel Gesprächsbedarf zu den Bildern gibt. Die Übergabe wird durch die Museen von Smolensk schriftlich bestätigt. Der Leiter aller Smolenkser Museen meint, dass man diesen Soldaten wie Franz Niessen ein Denkmal setzten sollte wie auch jenen deutschen Soldaten, die sich geweigert hätten, Zivilisten zu erschießen und deshalb standrechtlich hingerichtet wurden.

Franz Niessens Bilder sind zu Hause angekommen – ein Kreis hat sich geschlossen.

Presse von der Bilderübergabe: Komsomlskaya Pravdasmolcity.rurussia1REN-TV

Wahrscheinlich werden die Bilder von Franz Niessen Ende Oktober 2013 in einer besonderen Ausstellung dem Smolensker Publikum praesentiert.

Im Anschluss daran überreichen wir den Museen von Smolensk den Abschlussbericht der wissenschaftlichen Studie der Universitaet von Salzburg zum Bücherraub in Smolensk.

Am Nachmittag wird eine Metallkapsel aus der Stadtmauer genommen, die dort vor 50 Jahren eingesetzt worden ist. Sie enthaelt eine Urkunde, auf der geschrieben steht, welche Wuensche die Mensche fuer die naechsten 50 Jahre haben. Diese Urkunde wird von Schauspielern vorgelesen. Beiläufig erklärt in der Naehe jemand – Ihr habt uns den Kommunismus gewünscht und wir haben ihn abgeschafft-

Bericht von sm0lcity.ru

Durch einen sog. flashmob wird die Kapsel mit den Wünschen fuer die nächsten 50 Jahre bis 2063 von Hand zu Hand um die Stadtmauer herum bis zum Ziel am Platz des Sieges weitergereicht. Sie enthält eine Urkunde mit den Wünschen der Stadtoberen und den Wünschen von 6000 Smolenskerinnnen und Smolenskern – 2063 wird die Kapsel wieder aus der Mauer befreit und die Menschen werden hören, was von den Wünschen in Erfüllung gegangen ist.

Smolensk ist immer für eine Überraschung gut.  Nichts ahnend sitzte ich in der Teestube Am Samowar als ein Mann mittleren Alters auf mich zukommt und fragt: Sie sind doch der Schriftsteller, der 2007 in der Philharmonie das Gedicht -Aufwärts fliessendes Wasser- vorgetragen hat? Ja, das ist richtig, und wer sind Sie? Erinnern Sie sich nicht – ich habe doch mit Ihnen und David Russishwilly, dem damaligen Dirigenten des Kammerorchesters, ueber eine Konzertreise nach Hagen gesprochen. Ja, ich erinnere mich nur zu genau, denn David ist kurze Zeit darauf gestorben und die Reise kam nicht zustande. Aber David bleibt als einer der Motoren der Städtepartnerschaft unvergessen!

Wir unterhalten uns noch lange und werden uns wieder treffen.

29.09.2013

Nach wie vor ist es kalt in Smolensk, Friedhofswetter. Darum fahren wir auch heute dorthin. Die Gebrüder POWERONOFF sollten hoffentlich gut zu Hause angekommen sein. Astrid hatte sich so sehr gewünscht, einen russischen Friedhof zu sehen. Wir geben Dir mit Fotos einige Eindrücke davon.

Danach fahren wir mit Sascha Parfeonov zu der verfallenen Datscha eines Smolesker Künstlers. Es ist sehr traurig, dass dieses schöne Stück Erde nicht mehr bewirtschaftet wird, aber es schwingt noch sehr viel davon an diesem Ort, welche Menschen hier gelebt und gearbeitet haben.

Nach einer Fahrt rund um die Stadt kommen wir nach Krasny Bor. Sascha zeigt und erklärt uns den neuen Friedhof für deutsche Soldaten aus dem gesamten Smolenkser Gebiet, den der Volksbund Deutsche Kriegsgräberführsorge hier hat anlegen lassen. Dieser Ort geht ans Herz. Jeder Politiker, der einen Krieg befürwortet, sollte diesen Ort aufsuchen – wir sind überzeugt, dass er dann seine Meinung ändern wird.

Sascha erzälht uns auf dem Friedhof die Geschichte eines jungen deutschen Soldaten:

Die Wehrmacht hatte zunächst die Kolchose in der Nähe des Dorfes zerstört. Die Soldaten blieben aber lange Zeit in dem Dorf und sorgten auch dafür, dass keiner der Dorfbewohner hungern musste. Man lebte zusammen. Ein junger Soldat verliebte sich in ein Mädchen aus dem Dorf und kurz bevor die Rote Armee auf das Dorf vorrückte, stellte sich heraus, dass sie schwanger von dem jungen Deutschen war. Er bat seine große Liebe mit dem nächsten Zug nach Deutschland zu fahren und bei seinen Eltern auf ihn zu warten. Sie fuhr nach Deutschland, gebar eine Tochter, wurde mit ihrem Kind wie eine eigene Tochter in der Familie aufgenommen  und wartete auf ihren Geliebten. Der kam erst in den fünfziger Jahren aus der Gefangenschaft zurück und sie heirateten.

Nach weiteren zwanzig Jahren fuhr die Frau mit ihrer Tochter in ihr kleines Dorf bei Smolesnk, um es der Tochter zu zeigen. Als sie dort ankam, wurde sie begrüßt, als sei sie soeben wieder auferstanden.

Eine Geschichte, die bis Heute in dem Dorf lebt und wahrscheinlich auch ein kleiner Grund dafür ist, dass man uns Deutsche in dieser Gegend, wo doch so viel Leid geschehen ist, trotzdem ungeheuer freundlich entgegen kommt.

30.09.2013

Es ist noch kälter in Smolensk geworden – knapp 3 Grad.

Die Reise neigt sich dem Ende zu. Einige Gespräche über neue Projekte stehen noch an. Am Mittag verabschieden wir uns von Oleg. Mit ihm und Katja hatten wir eine tolle Zusammenarbeit – sie sind sehr zuverlässig!!

Es ist noch einiges an der SHU für die  am 6.Oktober kommende Studierenden-Gruppe zu besprechen. Als wir die UNI betreten, trauen wir unseren Augen nicht – da saß doch der Schauspieler Andrej Kruganov, den wir eigentlich in Paris vermuteten. Es hat sein Schauspielstudium in Paris abgeschlossen und war nur kurz zu Besuch in Smolensk. Welche Freude, ihn sehen zu können und auch zu beglückwünschen. Er will zurück nach Paris und sich dort als Schauspieler durchsetzen. Mit seinen Telent und seinen Sprachkenntnissen wird ihm das gewiss gelingen.

Es schneit ein wenig und so waermt man sich alle paar Meter in einen der zahlreichen Cafes auf. Jetzt noch einkaufen und die Abreise ist gut vorbereitet – irgendwann gegen drei Uhr ist die Nacht zu Ende.